JON - das Muttersöhnchen

© Gerlinde Pauschenwein 

 

Das >Griensteidl< hatte ich für das erste Rendezvous nach acht Monaten Einsamkeit ausgesucht.

Sein Lächeln aus grünen Augen hat mir beim ersten Blick auf das Foto gefallen. Meine Neugier war ebenso groß wie die Offenheit, mit der ich Jon begegnen wollte, vielleicht, weil er nicht viel von sich preisgegeben hatte. Er bat um ein Treffen, nur im persönlichen Gespräch könne man abklären, ob es passt. Jon war ein gutaussehender Mann, bei der Begrüßung wirkte er etwas linkisch. Wir bestellten Kaffee. Verlegen suchte er nach einem Gesprächsbeginn, daher stellte ich die einleitende Frage:

"Jon, erzählen Sie etwas über ihr Leben."

Ein Redeschwall ergoss sich über mich, den ich nicht stoppen konnte.

So erfuhr ich, dass seiner Mutter sein Singledasein geschuldet war. Zwar gefielen ihm viele Frauen, bloß Mutter war mit keiner einverstanden. Seine längste Beziehung hatte während des Jus Studiums begonnen und sechs Jahre gedauert. Es war für ihn kränkend, dass seine Freundin vor ihm den Abschluss mit Doktorat gemacht und sofort einen gutdotierten Job in einer Bank bekommen hatte. Ihm war Karriere nicht wichtig, sein Job im Amt war nie herausfordernd. Damit blieb mehr Zeit für Mama.

Mutter mit ihrer grenzenlosen Liebe öffnete ihm rechtzeitig die Augen und warnte ihn vor einer Karrierefrau. Eine Frau müsse für ihn da sein, so wie sich Mama seit dem frühen Tod des Vaters nur um ihn gekümmert hatte. Das leuchtete ihm ein und er beendete die Beziehung.

Alle weiteren Frauen waren in Mutters Augen nie die Richtigen. Stets beugte er sich Mutters Meinung. Jon erging sich in Details.

"Warum wollen Sie jetzt eine Beziehung eingehen?" unterbrach ich nach 15 Minuten unwirsch. Jon sah mich traurig an.

"Mutter ist vor vier Monaten verstorben, ich gehe mit Jahresende in Pension." Plötzlich ergriff er meine Hand, küsste sie und sagte: "Ich denke, bei Ihnen wäre ich in besten Händen, noch nie hat mir eine Frau so lange zugehört, ohne mich zu unterbrechen. Nun wissen Sie alles über mich."

Ich entzog ihm die Hand und sprach ihm mein Beileid aus.

Jon blickte auf seine Kaffeetasse und setzte fort: "Mit jungen Frauen ist´s endgültig vorbei. Eine reife Frau, die mit Zärtlichkeiten zufrieden ist, die gerne kocht, gerne Hausfrau ist, nur selten ausgehen will, so eine Frau brauche ich. Als Single muss ich täglich ins Restaurant gehen. Eine Reinigungskraft anzustellen, kommt in der Pension zu teuer." Er sah mich erwartungsvoll, mit gutmütigem Blick aus grünen Augen an.

Ich setzte mein charmantestes Lächeln auf und sagte: »Lieber Jon, Hausfrauenpflichten habe ich in meiner Ehe ausgelebt, nun will ich das Leben genießen mit einem agilen Mann, der eine Geliebte sucht, nicht nur eine Köchin und Reinigungskraft. Tut mir leid!" Ich stand auf.

"Oh, ich weiß ja gar nichts von Ihnen, wollen Sie mir nicht...",stammelte er.

"Nein!" Ich reichte ihm die Hand, wünschte ihm alles Gute und ging.

 

>Männer! Wie denken Männer über Frauen ab 50?

Darf Frau keine erotischen Wünsche haben?

Kopf hoch, es warten noch einige Mails!<