THEO - eine heiße Affäre
© Gerlinde Pauschenwein
Einsam und frustriert saß ich einige Wochen nach der Scheidung wieder einmal am Samstagabend alleine zu Hause vor meinem Computer.
Ich bekam Zuschriften von Männern, die mein Profil offensichtlich nicht einmal durchgelesen hatten, denn nichts an Interessen stimmte überein.
>Reine Zeitverschwendung, nimm lieber ein spannendes Buch zur Hand!<, sagte mein Verstand. >Weiterlesen! Es gibt viele Paare, die sich im Internet gefunden haben. Ich will an mein Liebesglück glauben!<, antworteten meine Hypothalamus - Hormone.
Also las und löschte ich weiter: Uwe, Bruno, Franzi, Leopold, Hans, sie alle verschwanden im Cyberspace-Papierkorb, bis ich auf Theo stieß.
Theo bezog sich ausschließlich auf meine im Profil angegebene Freizeitbeschäftigung, nämlich die Liebe zur klassischen Musik. Keine einzige persönliche Frage richtete er an mich, auch überging er den Hinweis, dass ich einen aktiven, zärtlichen Mann suchte.
In einer langen Abhandlung erklärte er mir, warum er Pollini für den besten Chopin Interpreten halte, Pollini sei konkurrenzlos in technischer Hinsicht und besteche durch Klarheit und unsentimentalen Ausdruck. Zuletzt erwähnte Theo, dass er erst wenige Wochen in Wien lebt und Damenbegleitung für Konzertabende sucht.
>Wenigstens Musik verbindet uns<, dachte ich und schrieb zurück. Zwei lange Wochen flogen täglich Mails durch die virtuelle Welt, die sich hauptsächlich um die Frage drehten, ob Pollini oder nicht doch Friedrich Gulda, den ich verehrte, der Beste sei. Darüber konnten wir uns nicht einigen, allerdings stellten wir fest, dass wir beide ein Faible für Lyrik hatten.
Die Mails wurden immer länger, wir tauschten uns über unsere Berufe und politischen Positionen aus, Erotik war kein Thema. Bedenkenlos nahm ich die Einladung zum Klavierkonzert von Leonskaja an, es herrschte Einigkeit zwischen Theo und mir, dass Leonskaja eine Ausnahmekünstlerin sei.
>Einen interessanten Gesprächspartner fallweise treffen zu können, ist allemal besser, als immer nur alleine zu Hause zu sitzen<, sagte mein Verstand auf dem Weg zum Konzerthaus, um meine Hormone zu beruhigen.
Inzwischen hatte ich einige Übung mit manch unerfreulichen Dates, dennoch war ich erstmals aufgeregt, als ich auf die Beethovenstatue im Foyer des Konzerthauses zuging. Viele Besucher drängten sich um die Weinbar, dennoch erkannte ich Theo sogleich. Das Feuer in seinen braunen Augen, seine kurzen lockigen dunklen Haare, sein Lächeln waren einnehmend.
Ich reichte ihm die Hand, doch er umarmte mich und drückte mich heftig an sich.
"Wie sehr ich mich auf diesen Abend freue", flüsterte er in mein Ohr. Ich spürte, in nächster Zeit werden wir uns nicht nur über Musik und Lyrik unterhalten.
Theo hatte für mehrere Monate ein Engagement in Wien, ist wollte am ersten Abend keine Fragen nach seiner Familie stellen. Mein Bauchgefühl sagte, dieser höchst interessante Mann ist eine heiße Affäre wert.
Der Abschied nach diesen intensiv gelebten Monaten fiel schwer und war für beide sehr emotional.